Florian Holsboer, seit 1989 Direktor des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie, ist bekannt für seine Entdeckungen in der Depressionsforschung. Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Forschung des Psychiaters und Chemikers steht die Frage, wie Depressionen entstehen und am sinnvollsten behandelt werden können. Holsboer hat eine auf die individuellen Eigenschaften des Patienten abgestellte Therapie entwickelt, in der die Methoden der Biochemie und der Genetik zur Anwendung kommen und mit deren Hilfe auch Patienten erfolgreich behandelt werden könnten, bei denen Antidepressiva und die herkömmlichen Methoden keinen Erfolg versprechen.

Die unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten der Volkskrankheit Depression
Florian Holsboer bezieht sich bei der Entwicklung seiner Behandlungsmethode auf die Erkenntnis, dass Menschen mit bestimmten Genvarianten anfälliger sind für Depressionen als andere. Diese Erkenntnis werde aber nur unzureichend in der heutigen Medizin umgesetzt und findet keine Berücksichtigung bei der Medikation. Bereits bei der Erfassung der Depression als komplexe Erkrankung tue man sich immer noch schwer; dies liege vor allem daran, dass „die heutige Diagnose keinen Bezug zur Pathophysiologie“ aufweist, so Holsboer. Folglich können die herkömmlichen Behandlungsmethoden, insbesondere solche mit Antidepressiva, bei zahlreichen Patienten keine Heilungschancen versprechen. Rund 70% der gängigen Medikamente wirken bei Patienten mit Depressionen nicht, zudem haben Antidepressiva zu viele Nebenwirkungen und schlagen – wenn überhaupt – nur sehr langsam an.
Gentests und Biomarker: neue Behandlungschancen für Patienten
Um die Diagnosemöglichkeiten und somit die Behandlungschancen zu verbessern, setzt Holsboer, der zusammen mit Carsten Maschmeyer auch dem Unternehmen HolsboerMaschmeyer NeuroChemie vorsteht, auf die Berücksichtigung von biologischen Anzeigern, sogenannten Biomarkern. In diversen Gentests haben sich diese auf molekularer Ebene als sehr zuverlässige Indikatoren für den Verlauf von Depressionen erwiesen. Die Kombination von Gentests und Biomarkern erlaubt es Holsboer, diverse Gene zu filtern und Patientengruppen abhängig von Ursache und Mechanismus der Depression unterschiedlichen Kategorien zuzuteilen. Für die einzelnen Patientengruppen können so chemische Wirkstoffmoleküle erforscht werden, die es erlauben, maßgeschneiderte Medikamente für diese Patientengruppen zu entwickeln.
Individuelle Therapie mit maßgeschneiderten Medikamenten als Zukunft der Depressionsbehandlung
Da die bisherigen Diagnosemöglichkeiten für Depressionen nur unzureichende Ergebnisse liefern und die Medikation bei einem Großteil von Patienten keine oder eine unzureichende Wirkung zeigt, setzt die neue Depressionsforschung, deren Vorreiter der Psychiater und Chemiker Florian Holsboer ist, auf biochemische, genetische und systembiologische Methoden zur Erfassung und Behandlung der Erkrankung. Mit den von Holsboer angewandten Methoden können auf die individuellen Eigenschaften des Patienten abgestellte „maßgeschneiderte“ Medikamente entwickelt werden, die eine wirksame Therapie für die unterschiedlichen Ausprägungen der Volkskrankheit Depression ermöglichen.
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